Ein Einblick in die Wärmebedarfsberechnung nach DIN 4108-6
In der Wärmebedarfsberechnung werden sämtliche Energieverluste und -gewinne eines Gebäudes berücksichtigt, um am Ende festzustellen, wie viel Energie benötigt wird, um das Haus das ganze Jahr über gemütlich warm zu halten. In diesem Beitrag erläutern wir den Prozess der Wärmebedarfsberechnung durch Fachleute und welche wichtigen Informationen die Ergebnisse liefern.
Inhalt im Überblick
Eine kurze Übersicht über der Wärmebedarfsberechnung:
Die Berechnung des Heizwärmebedarfs für Einfamilienhäuser erfolgt gemäß den Richtlinien der DIN 4108 Teil 6, betitelt „Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 6: Berechnung des Jahresheizwärme- und des Jahresheizenergiebedarfs“, deren aktuelle Ausgabe vom Juni 2003 stammt. Dabei werden sämtliche Verluste und Gewinne eines Gebäudes erfasst und miteinander verrechnet. Dies umfasst:
- Transmissionswärmeverluste (Wärmeverluste durch die Gebäudehülle)
- Lüftungswärmeverluste aufgrund von Undichtigkeiten in der Gebäudehülle
- Solare Wärmegewinne durch Sonneneinstrahlung durch Fenster und Türen
- Interne Wärmegewinne durch Personen und typische Haushaltsgeräte
Das Ergebnis wird als Heizwärmebedarf nach den Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in Kilowattstunden pro Jahr angegeben. Zur besseren Vergleichbarkeit verschiedener Gebäude kann der Heizwärmebedarf auch auf die beheizte Gebäudefläche bezogen werden, wobei die Einheit Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr lautet.
Wichtig: Die Berechnung des Wärmebedarfs gemäß DIN 4108 ausschließlich für Wohngebäude gilt. Für Nichtwohngebäude müssen die Richtlinien der DIN V 18599 herangezogen werden.
Welche Formel nutzt man zur Wärmebedarfsberechnung?
Für die Wärmebedarfsberechnung werden die genannten Einflussgrößen in einer Formel kombiniert:
- Jahres-Heizwärmebedarf = [Gradtagsfaktor x (Transmissionswärmeverlust + Lüftungswärmeverlust)] – [Nutzungsgrad interner Gewinne x (solare Gewinne + interne Gewinne)], angegeben in Kilowattstunden pro Jahr.
Hierbei werden die Gewinne von den Verlusten subtrahiert. Verschiedene Korrekturfaktoren ermöglichen es, die jeweiligen Ergebnisse individuell anzupassen.
Heizlastberechnung vs. Wärmebedarfsberechnung: Das ist der Unterschied!
Der Unterschied zwischen Wärmebedarf und Heizlast liegt in ihrem Anwendungsbereich und ihrer Definition.
Der Wärmebedarf beschreibt die insgesamt benötigte Energiemenge, um ein Gebäude über einen bestimmten Zeitraum auf eine angenehme Temperatur zu bringen. Er wird typischerweise für den gesamten Heizjahreszeitraum berechnet und berücksichtigt verschiedene Faktoren wie Transmissionswärmeverluste, solare Wärmegewinne und interne Wärmegewinne.
Die Heizlast hingegen beschreibt die maximale Wärmeleistung, die bei den niedrigsten Außentemperaturen benötigt wird, um die gewünschten Raumtemperaturen im Gebäude aufrechtzuerhalten. Sie wird in der Regel für den kältesten Tag des Jahres berechnet und dient dazu, die Dimensionierung von Heizungsanlagen zu bestimmen. Die Heizlastberechnung erfolgt gemäß den Richtlinien der DIN 12831 und ergibt eine Leistungseinheit in Kilowatt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Wärmebedarf die gesamte Energiemenge über einen Zeitraum beschreibt, während die Heizlast die maximale Wärmeleistung für einen bestimmten Moment angibt.
Ein Schritt für Schritt Anleitung zur Berechnung des Wärmebedarfs
In den nachfolgenden Abschnitten erläutern wir, wie Hausbesitzer und Fachleute den Wärmebedarf berechnen können. Dabei konzentrieren wir uns auf das vereinfachte Heizperiodenverfahren, das auch manuell durchgeführt werden kann. Viele Softwareanwendungen verwenden hingegen das Monatsbilanzverfahren, das deutlich detaillierter ist, jedoch einen erheblichen Aufwand erfordert, wenn es manuell durchgeführt werden soll.
Schritt 1: Die Grunddatenermittlung zur Wärmebedarfsberechnung
Vor dem Beginn der Wärmebedarfsberechnung müssen zunächst die grundlegenden Daten zum Gebäude erfasst werden. Hierbei spielen das beheizte Gebäudevolumen, die Nutzfläche und die Gradtagszahl eine entscheidende Rolle. Die Nutzfläche wird dabei durch ein festes Verhältnis von 0,32 multipliziert mit dem Gebäudevolumen bestimmt. Die Gradtagszahl hingegen variiert je nach geografischer Region und gibt an, wie oft die Außentemperaturen unterhalb einer definierten Heizgrenztemperatur liegen. Diese Zahl kann aus entsprechenden Tabellen entnommen werden und ist in Gebieten mit kaltem Klima in der Regel höher.
Schnitt 2: Die Bauteile der Gebäude hülle und deren U-Wert
Zusätzlich zu den Grunddaten müssen bei der Wärmebedarfsberechnung alle Bestandteile der Gebäudehülle erfasst werden. Hierzu zählen Wände, Decken, Böden, Fenster und Türen, die an Erdreich, Außenluft oder unbeheizte Räume angrenzen. Für jeden dieser Bauteiltypen muss auch die energetische Qualität bestimmt werden, was durch den U-Wert, auch bekannt als Wärmedurchgangskoeffizient, erfolgt. Dieser Wert gibt an, wie viel Wärme bei einer Temperaturdifferenz von einem Grad Celsius durch einen Quadratmeter des entsprechenden Bauteils fließt. Falls Bauteile der Gebäudehülle an unbeheizte Räume, Räume eines anderen Gebäudes oder das Erdreich grenzen, müssen die Ergebnisse mit verschiedenen Korrekturfaktoren multipliziert werden.
Des Weiteren müssen bei der Wärmebedarfsberechnung auch Verluste über thermisch beeinträchtigte Konstruktionen, auch Wärmebrücken genannt, berücksichtigt werden. Wer diese nicht im Detail ermitteln möchte, kann gemäß den Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) auch verschiedene Zuschläge verwenden.
Schritt 3: Transmission,- und Lüftungswärmeverluste
Sobald alle Grunddaten vorliegen, wird im dritten Schritt der Wärmebedarfsberechnung der Verlust über die Gebäudehülle und die Lüftung ermittelt. Die Summe der Transmissionsverluste ergibt sich gemäß folgender Formel:
- Transmissionswärmeverlust = Summe aus (Korrekturfaktor x U-Wert x Fläche des Bauteils) + (Wärmebrückenzuschlag x Hüllfläche des Gebäudes).
Die Lüftungswärmeverluste werden durch das Verhältnis der Luftwechselrate, des Gebäudevolumens und des Faktors 0,34 bestimmt. Für die Wärmebedarfsberechnung wird folgende Formel verwendet:
- Lüftungswärmeverlust = 0,34 x Luftwechselrate x beheiztes Luftvolumen.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Norm genaue Vorgaben für die Ermittlung des beheizten Gebäudevolumens und der Luftwechselrate macht. Letztere hängt nicht nur von der Art der Lüftungstechnik (natürlich oder mechanisch unterstützt) ab, sondern auch davon, ob bereits ein Luftdichtheitstest durchgeführt wurde.
Für die Berechnung des Wärmebedarfs werden beide Verlustwerte anschließend addiert:
- Wärmebedarf = Transmissionswärmeverlust + Lüftungswärmeverlust.
In der Regel erfolgt die Wärmebedarfsberechnung an diesem Punkt mit absoluten Werten, aber es ist auch möglich, spezifische Werte zu verwenden, die auf die Nutzfläche bezogen sind.
Schritt 4: Wärmegewinne durch Solar und Interne berücksichtigen
Sobald die Verluste ermittelt sind, ist im nächsten Schritt der Wärmebedarfsberechnung wichtig, auch die Wärmegewinne zu berücksichtigen. Diese tragen dazu bei, den Wärmebedarf und damit den Energieverbrauch einer Heizung zu reduzieren. Dabei sind besonders solare und interne Gewinne relevant.
Zunächst müssen für die solaren Gewinne die Summen aller transparenten Bauteile für jede Himmelsrichtung gebildet werden. Diese werden dann mit einer Reihe von Korrekturfaktoren und den spezifischen Einstrahlungswerten der Sonne multipliziert. Die Gleichung hierfür lautet:
- Solare Gewinne = Summe (Einstrahlung x Energiedurchlassgrad der Fenster x Fläche x Korrekturfaktoren) pro Himmelsrichtung.
Des Weiteren müssen auch die internen Wärmegewinne ermittelt werden. Diese ergeben sich einfach durch das Produkt aus einem festgelegten Wert und der Länge der Heizperiode in Tagen. In der Wärmebedarfsberechnung wird dazu folgende Formel verwendet:
- Interne Wärmegewinne = 5 x Nutzfläche x Länge der Heizperiode x 0,024.
Die durchschnittliche Länge der Heizperiode beträgt 185 Tage. Der Faktor 0,024 wird zur Umrechnung der einzelnen Einheiten verwendet.
Schritt 5: Die Finalisierung der Wärmebedarfsberechnung
Im abschließenden Schritt der Wärmebedarfsberechnung werden die Verluste von den Gewinnen abgezogen, wobei zwei Korrekturfaktoren zum Einsatz kommen, wie im Abschnitt „Wärmebedarfsberechnung: Wie lautet die Formel?“ beschrieben. Die Formel lautet:
- Jahres-Heizwärmebedarf = [Gradtagsfaktor x (Transmissionswärmeverlust + Lüftungswärmeverlust)] – [Nutzungsgrad interner Gewinne x (solare Gewinne + interne Gewinne)], angegeben in Kilowattstunden pro Jahr.
Der Gradtagsfaktor setzt sich aus der Gradtagszahl, dem Umrechnungsfaktor 0,024 und einem Korrekturfaktor für die Nachtabsenkung der Heizung zusammen. In der standardisierten Berechnung des Wärmebedarfs beträgt der Nutzungsgrad interner Gewinne 0,95.
Wenn Verbraucher das Ergebnis auf die Nutzfläche ihres Gebäudes beziehen möchten, teilen sie den Jahres-Heizwärmebedarf im Einfamilienhaus durch die Nutzfläche. Das Ergebnis wird dann in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr angegeben.
Bedeutung des Heizwärmebedarfs im Einfamilienhaus
Der Heizwärmebedarf im Einfamilienhaus ist ein Maß dafür, wie viel Energie Hausbesitzer aufwenden müssen, um das ganze Jahr über behagliche Raumtemperaturen zu gewährleisten. Dieser Wert ermöglicht es, den energetischen Zustand verschiedener Gebäude effektiv miteinander zu vergleichen und spielt eine entscheidende Rolle bei der Festlegung des Heizverhaltens. Dennoch bietet er allein noch keine umfassende Einsicht in die Gesamtkosten, da diese auch von anderen Faktoren wie dem Warmwasserwärmeverbrauch und der Effizienz der Heizungsanlage abhängen. Letztere kann zusätzlich zum Heizwärmebedarf gemäß DIN 4701–10 bestimmt werden.